- Bär Läsker im Interview mit Medienvorsorge.de
Bär Läsker: „Finanzbeamte sind eigentlich ganz normal – so wie wir auch!“
Andreas „Bär“ Läsker ist deutscher Musikmanager und seit 1989 Manager der Band „Die Fantastischen Vier“, die im Mai ihr neues Album „Für Dich immer noch Fanta Sie“ veröffentlichte. Neben den vier Stuttgartern vertrat er zum Beispiel „Fury in the Slaughterhouse“ und „Die Prinzen“ und war Mitbegründer des Musiklabels „Four Music“, bei dem unter anderem „Freundeskreis“, „Max Herre“ und „Gentleman“ unter Vertrag sind. Im Jahre 2008 war Läsker Jurymitglied der fünften Staffel der „RTL“-Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“, aus der Thomas Godoj hervorging, den er dann ebenfalls als Manager vertrat. medienvorsorge.de sprach mit dem 46-jährigen Ludwigsburger über seinen Weg ins Musikbusiness und seine Erfahrungen in Hinblick auf Finanzen und Finanzamt.
Sie waren bereits Ende der 70er Jahre als Diskjockey tätig. Die ersten Club-Mixe entstanden und der Plattenspieler wurde als Musikinstrument erkannt. Wo legten Sie auf? In großen Hallen oder doch eher im Jugendclub?
Es fing in Jugendclubs an und entwickelte sich dann Anfang der 80er Jahre schnell zu Auftritten in kommerziellen Diskotheken. Mitte der 80er schließlich war ich fester Bestandteil der baden-württembergischen DJ-Szene. Die Bewegung fing zu der Zeit ja gerade erst an. Bis dahin war der DJ ein Alleinunterhalter mit Mikro in der Hand. Wir brachten uns alles selber bei und fingen an, alles mal zu mixen. Das Ganze wurde Kult und wir legten schließlich in Clubs mit 1.000 Besuchern auf. Damals gab ich dann meine ersten Autogramme…
Eine Zeit, zu der man mit Musik richtig Geld verdienen konnte? Sie waren damals Mitte Zwanzig, wo andere studierten und kein Geld hatten.
Richtig Geld habe ich damals damit noch nicht verdient. Es war einfach noch nicht die Zeit dafür. Die damalige Gage lag um die 200 Mark am Abend. Ende der 80er Jahre waren es dann im Monat schon um die 3.500 Mark.
Anschließend haben Sie einen Plattenladen aufgemacht. Wie kam der Wandel vom Künstler zum Einzelhändler? War es die Einsicht, nicht bis zum 65. Geburtstag auflegen zu können?
Das Musikbusiness hat mich schon immer interessiert und so habe ich Anfang 1988 einen Plattenladen mit Importen aus Amerika, England und anderen Ländern eröffnet. Damals dachte ich in der Tat, dass ich nicht ein Leben lang Platten auflegen und als DJ arbeiten werde und nahm wir vor, dass ich langsam mal aus der Disco raus und ins Geschäft reinkommen muss. Heute sehe ich das etwas anders. Heute glaube ich, dass man mit 65 Jahren immer noch Platten auflegen kann. Es gab damals halt einfach keine Erfahrungswerte – kein DJ war 60 Jahre alt. Aber ein Sven Väth wird schon noch mit 60 Jahren seine Platten auflegen können. Das ist halt heute eine andere Gesellschaftsstruktur.
Im Plattenladen lernten Sie dann „Die Fantastischen Vier“ kennen?
Ja, das stimmt. Ich hatte damals einen Laden in Esslingen und war gerade nach Stuttgart umgezogen. Einen zweiten Plattenladen hatte ich zu der Zeit zusammen mit Thomas Reichold, besser bekannt als Tom Novy, in München. Zur damaligen Zeit hatte ich mit ein paar Leuten vom Radio Clubkonzerte veranstaltet und war regelmäßig in Stadtmagazinen und im Radio vertreten. In der Szene war ich also bekannt und eines Tages kam Michi Beck rein und sagte, er habe da so eine Band und fragte, ob ich vielleicht mal reinhören könne und eine Idee hätte.
Im Jahr 1989 wurden Sie schließlich ihr Manager. Kauft man sich da ein Buch „Wie ich eine Band erfolgreich manage“ oder wie lernt man seinen Job?
Ein Buch dieser Art hätte es damals noch gar nicht gegeben. Es war einfach „learning by doing“. Die Jungs waren fünf Jahre jünger als ich und ich hatte zu diesem Zeitpunkt geschäftlich schon ein bisschen Erfahrung und habe versucht, die Geschicke der Band zu regeln – zugegebener Weise auf eine hemdsärmelige Art und Weise. Aber man ist ja lernfähig.
Stimmt es, dass Sie damals nach dem Erfolg von „Die da“ jedem Bandmitglied einen Koffer mit 50.000 Mark in bar vorbeibrachten, damit sie merken, wie sich das anfühlt? Aus heutiger Sicht eine gute Entscheidung? Viele Manager zahlen nur ein kleines Taschengeld aus, damit die Künstler lernen, mit Geld umzugehen.
Das stimmt. Ich fand es sehr wichtig, dass die Jungs verstanden, was die Single bedeutet und das Geld auch wirklich mal anfassen konnten. Sie sollten einfach mal dieses Gefühl erleben. Sie hätten das Geld ja danach auf ihre Bank einzahlen können. Zu der Zeit haben wir alle von der Hand in den Mund gelebt. Meine Plattenläden hatten mich finanziell komplett ruiniert. Die Jungs waren Groß- und Einzelhandelskaufmann, Friseur oder haben Zivildienst gemacht. Wir mussten damals schauen, wie wir das Spritgeld zusammenkratzten. Über Nacht kam dann finanziell plötzlich völlig andere Verhältnisse: vom alten klapprigen vollgesprühten Audi 100 in ein Taxi oder ein Privatjet zu steigen und auf dem Rückweg 50.000 Mark in der Hand zu halten. Es war wichtig, dass die Jungs das sahen und fühlen konnten. Die hatten immer gedacht, ich phantasiere.
Können Künstler grundsätzlich nachvollziehen, dass sie neben der künstlerischen Tätigkeit auch ein „Unternehmen“ betreiben, bei dem es zum Teil um viel Geld geht? Hilft der Manager den Künstlern beim Umgang mit Geld?
Es macht einen Künstler aus, dass er gewisse Dinge kann, die andere Leute nicht können und umgekehrt. Und Steuern ist meist nicht so der Bereich des Künstlers. Grundsätzlich rate ich daher von Anfang an jedem Künstler, sich in professionelle Hände zu begeben. Es ist von Anfang an das beste, dass man sich einen Anwalt sucht, der immer ansprechbar ist, wenn man ihn braucht. Und das muss jetzt nicht einmal der Supermedienanwalt sein, sondern jemand, der einen bei normalen Problemen unter die Arme greift. Und auf jeden Fall einen Steuerberater, der den Künstlern zumindest teilweise verständlich erklärt, was beim Schuhkarton „Buchhaltung“ berücksichtigt werden muss. In der Vorstellung meiner Tätigkeit als Management hat das Steuerrecht keinen Platz. Dieses ist alles andere als statisch sondern ein hochdynamisches Thema und extrem komplex. Am Ende würde man die Abwicklung stark gefährden, wenn man sich als Co-Steuerberater hervortun würde. Und damit schadet man extrem der eigentlichen Managementtätigkeit.
Wie heißt es immer so schön: Mit gutem Beispiel vorangehen. Sie selber legten allerdings im Jahr 2007 einen Offenbarungseid ab und die „Fantastischen Vier“ ließen sich im Jahr 1992 eine Schrottimmobilie aufschwatzen…
Was heißt hier mit gutem Beispiel vorangehen? Ich mache meine Geschäfte und die anderen machen ihre Geschäfte. Warum das bei mir damals soweit kam und was da passiert ist, hat geschäftliche Gründe. Das kommt vor. In den 21 Jahren ist halt nicht alles immer nur glatt gegangen. Aber noch stehen wir mit beiden Füßen auf dem Boden.
Im Jahr 2008 waren Sie schließlich Jurymitglied bei „Deutschland sucht den Superstar“. Es wird ja oft gemunkelt, dass die Künstler Knebelverträge bekommen und den Großteil ihres Geldes wieder abliefern müssten. Ist das so?
Die Verträge, die ich gesehen habe, sind in den Grundlagen schon grenzwertig. Aber diese müssen ja nicht eins zu eins unterschrieben werden – was aber viele machen. Im Prinzip gleichen sich diese Verträge aber schon im Wesentlichen mit denen, die man heute von der Plattenfirma bekommt. Die Verträge sind heute deutlich schlimmer als zum Beispiel in den 70er Jahren üblich. Den Plattenfirmen geht es schlecht und sie glauben, dass wenn sie überall mitverdienen, sie wieder aus dem Loch rauskommen. Natürlich eine Milchmädchenrechnung.
Übrigens war Ihre Jurytätigkeit ja wieder ein Weg ins Künstlerische. So stellte das Bundessozialgericht fest, dass „diese aktive und zum Teil hoch dotierte Mitwirkung an der Unterhaltungsshow Elemente von Comedy, Satire, Improvisation und zielgruppengerichteter Fernsehunterhaltung aufweist“ und es sich um darstellende Kunst handelt. RTL musste daraufhin Künstlersozialabgaben auf die Honorare abführen.
Das stimmt nicht. Es ging hier nur um die Honorare, die an Dieter Bohlen gezahlt wurden. Meine Tätigkeit wurde nicht als künstlerisch eingestuft und daher fielen auch keine Künstlersozialabgaben an.
Mal wieder ein schönes Beispiel dafür, wie schwierig es ist, in dem Bereich Abgrenzungen vorzunehmen. Die Halbwertzeit der Künstler in heutiger Zeit ist oft sehr überschaubar. Gehört es zur Aufgabe des Managers, mit dem Künstler über die Zukunft und die Zeit nach der Karriere zu sprechen? Wird bereits während der Musikerzeit ein Plan B vorbereitet?
Ich arbeite nicht mit Künstlern zusammen, von denen ich glaube, dass sie nur eine temporäre Erscheinung sind. Es ist nicht meine Art, nach dem Motto „ich mache dich groß und stark und nach ein paar Jahren kannst du dann machen, was du willst“ zu arbeiten. Dafür bin ich zu tief in die Tätigkeit des Künstlers involviert und möchte mit dem Künstler die Karriere leben und erleben und stelle mir daher nicht die Frage, was die später machen. Es wird natürlich irgendwann der Zeitpunkt kommen, an der die Karriere vorbei ist. Aber ich kann dann schlecht sagen: „Du gehst dann auf Dein Weingut in der Toscana und guckst, dass du einen vernünftigen Chianti züchtest und du schaust, dass du den Nürburgring neu teerst“. Das kann ich ja nicht für die Jungs entscheiden. Schließlich sind die erwachsen und haben Frau und Kinder. Was ich wohl versuche, ist zu erreichen, dass eine Karriere wohldosiert ist und lange erhalten bleibt. Künstler neigen immer dazu, ein Problem zu bekommen, wenn sie älter werden. Sie verlieren die Lust und machen sich Sorgen um ihr Image – viele denken, sie müssten in Schönheit sterben. Das finde ich nicht so gut. Allerdings finde ich es auch nicht gut, sich wahllos zu prostituieren wie zum Bsp. die „Scorpions“. Da denke ich dann: „Mein Gott, habt Ihr das echt nötig?“ Dir richtige Mischung zu finden ist das Wichtigste für den Exit aus der Karriere.
medienvorsorge.de ist bestrebt, mit dem Portal zwischen den „Künstlern“ und der „Behörde“ zu vermitteln. Was denken Sie, wo die Probleme zwischen den Parteien bestehen und wie man ein besseres Miteinander hinbekommen könnte?
Meine Erfahrung mit Finanzämtern und mit Behörden im Allgemeinen ist, dass wenn man mit dem einzelnen Menschen redet, man sehr schnell merkt, dass die Behörde extrem menschelt. Schlussendlich würden die sich wahrscheinlich teilweise einen Ast freuen, wenn da mal jemand rein laufen würde und sagt: „Ich bin der Sänger von der Band XY und ich habe Probleme mit meiner Steuer, können wir reden?“ Klar gibt es auch den klassischen Beamten, der sagt: „Was willst du denn hier?“ Den findet man allerdings überall – auch bei Mc Donalds oder an der Tankstelle. Ich glaube, dass ein Dialog zwischen den vermeintlichen Fronten helfen würde. Ein Künstler hat per se sympathische Fähigkeiten, die sich dann durchaus positiv auswirken könnten. Wichtig ist die persönliche Ansprache, sei es schriftlich oder persönlich, damit gemerkt wird, „der vom Finanzamt ist ja eigentlich doch ganz cool“. Das Finanzamt an sich gibt es ja gar nicht, sondern die Leute, die dort arbeiten. Und die sind eigentlich ganz normal, so wie wir auch.
Interview: Rüdiger Schaar