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Daniel Zillmann (Foto:Sven Serkis)

„Tiefs gehören dazu – aber durch die muss man durch.“

Daniel Zillmann ist das, was man guten Gewissens einen Tausendsassa nennen kann. Der Schauspieler hat für Kino und Fernsehen schon mit Bully Herbig und Benno Führmann gedreht und stand unter der Regie von Frank Castorf auf der Volksbühne in Berlin. Dabei ist der Berliner ein Naturtalent und hat nie eine Schauspielschule von innen gesehen. Wenn der 37-jährige sich nicht obendrein noch als Synchron- und Werbesprecher verdingt, produziert er mit Luci van Org sein erstes Album als KiNG Mami, das im Frühjahr 2019 erscheinen soll.

Sie machen sehr unterschiedliche Dinge, sind Schauspieler und Synchronsprecher, aber auch Musiker. Wie sieht die kommende Woche bei Ihnen aus?
Die Woche habe ich mit einem Synchrontermin angefangen und morgen geht es in die Albumproduktion. Ich arbeite gerade mit Luci van Org – die man sicher noch als Teil von Lucilectric und „Weil ich ein Mädchen bin“ kennt – an einem Album. Das Projekt heißt KiNG Mami. Wir wollen es jetzt im Winter fertig machen und hoffen, dass die Platte im Frühjahr dann rauskommt. Außerdem bereite ich mich gerade auf die Dreharbeiten für die Verfilmung der „Känguru-Chroniken“-Buchreihe von Marc-Uwe Kling vor, bei der Dani Levy Regie führt.

Warum haben Sie sich überhaupt für die Schauspielerei entschieden?
Das war gar nicht geplant. Ich habe schon in der 3. Klasse in einem Weihnachtsstück mit dem Namen „Das Pfeffernusskuchenrezept“ gemerkt, dass ich gerne auf der Bühne stehe, Texte lerne, spiele oder singe – und das wurde dann nach und nach ein Beruf. Das war mehr ein schleichender Prozess. Dazu kam: Als ich irgendwann mal einen Job in der Videothek angenommen hatte, wurde mir schnell klar, dass ich keine Lust auf einen 9-to-5-Job habe. Gut, als Videothekar hatte ich wegen der Nachtschichten eher einen 5-to-1-Job…(lacht) Aber ich habe gemerkt, dass ich das einfach nicht kann, sondern die Abwechslung brauche.

Wie fanden Ihren Eltern es denn, dass Sie sich für einen künstlerischen Beruf entschieden haben?
Meine Eltern kommen aus der Krankenpflege und hätten sich für mich auch einen sicheren Job gewünscht. Ganz lange hieß es immer: „Willst du nicht doch etwas Vernünftiges machen?“ und meine Antwort war immer: „Schauspielerei und Musik sind die einzigen vernünftigen Dinge, die ich mir vorstellen kann.“ Als sie dann die die ersten Filme gesehen und Songs von mir gehört haben, waren sie aber natürlich total stolz.

Sie haben ja keine klassische Ausbildung zum Schauspieler absolviert. Ist das ein Vor- oder Nachteil?
Frank Castorf findet zum Beispiel, dass das ein Vorteil ist. Ich denke aber, dass es ganz auf den Menschen ankommt. Manchmal kommen junge Leute zu mir und erzählen mir davon, dass sie Schauspieler werden wollen. Denen rate ich immer erstmal zu einer Ausbildung. Ich habe ja mit 14 angefangen zu drehen, aber wenn man noch gar keine Erfahrung mit dem Beruf hat, sollte man sich die schon an der Schule holen.

Wie bereiten Sie sich auf Rollen vor?
Ich habe kein Schema F, nach dem ich immer vorgehe. Aber bei Menschen deren Beruf wichtig ist, schaue ich mir die Spezifikationen des Berufes genauer an. Ich habe in einer Krimiserie mal einen KTU-Experten gespielt, der sich mit kriminaltechnischen Untersuchungen auskennt. Im Drehbuch stand, dass er eher nerdig und durchgeknallt sein soll und mein Coach meinte, dass wir doch einfach mal in die KTU gehen und uns ansehen könnten, wie dort gearbeitet wird. Ich habe dann alles ganz genau beobachtet und mir sogar aufgeschrieben, von wann bis wann diese Leute arbeiten – aber mein Coach meinte, dass das völlig unwichtig sei und ich lieber darauf achten solle, wie diese Menschen sich miteinander unterhalten und mit was für einer Lässigkeit, aber auch Leidenschaft sie Fachgespräche führen. Das war sehr hilfreich! Ein anderes Mal habe ich einen Polizisten gespielt und dafür eine Polizeiwache besucht. Gerade habe ich in der ZDF-Serie „Tanken“ einen Tankwart gespielt – dafür habe ich mich aber nicht an die Zapfsäule gestellt. Die Rolle ist doch recht ähnlich zu der eines Videothekars ist, der ich ja auch schon im echten Leben war.

Was ist der größte Unterschied zwischen Theater und Film-/Fernsehschauspielerei?
Am Theater ist man freier. Ich habe immer das Gefühl, dass ich auf der Bühne förmlich explodiere, wahnsinnig körperlich sein und mich bis zur Erschöpfung austoben kann. Der Film ist hingegen technischer, aber auch näher und intimer.

Und wie ist das mit der Musik?
Ich habe immer schon Musik gemacht und bin mit meiner alten Band Straight to the Rabbits auch aufgetreten. Wir haben eine Mischung aus 70s-Rock und Disco gespielt. Das war in seiner Naivität total schön, aber eben immer nur im kleinen Rahmen. Als ich dann Luci van Org traf, erzählte ich ihr davon, dass ich total Lust hätte, als Solokünstler mal Pop-Musik zu spielen. Sie meinte dann: „Bevor wir so groß denken, gehen wir erstmal an deine Geschichten ran.“ Also bin ich mit den tagebuchartigen Notizen aus meinem iPhone zu ihr gegangen. Daraus ist dann eine Art Essenz der letzten drei Jahren entstanden und letztendlich ein ganzes Album. Es geht um Trennungen, Geld, Hoffnung, Einsamkeit, Rache – alles Themen, die in meinem Leben mal eine Rolle gespielt haben. Ich habe mich auf der Bühne ja auch schon nackt gemacht, aber in der Musik ist das noch mal krasser. Ich spiele ja keine Rolle, sondern bin das, was ich in meinen Songs sage.

Können Sie noch ein bisschen was zu dem Song über Geld erzählen?
Klar, der heißt „Money I love, money I hate“ und erzählt von einer Phase, in der ich wahnsinnig viele ungeöffnete Rechnungen im Briefkasten hatte. Ich habe mich lange geweigert, die alle aufzumachen. Als ich mich irgendwann doch getraut habe, bin ich gleich beim ersten Betrag fast ins Koma gefallen. Direkt danach habe ich folgende Zeilen geschrieben: (singt) „Money I like, money I hate / money is my motor / money’ is my fate.” Mit denen bin ich dann zu Luci gegangen und wir haben die passenden Strophen dazu getextet. Am Ende ist daraus eine fröhliche Reggea-Schunkel-Nummer geworden, in der es um Geld geht – total witzig.

Gab es mal den Punkt, an dem es richtig eng geworden ist und Sie sich gedacht hast, dass Sie es vielleicht doch besser mit einem 9-to-5-Job versuchen sollten?
Nein. Ich habe immer den Weitblick gehabt. Mir war immer klar, dass das etwas werden muss. Dadurch, dass mir schon sehr früh bestätigt wurde, dass ich das, was ich mache kann und Talent habe, war da immer eine gewisse Zuversicht. Natürlich gab es Phasen, in denen es nicht so gut lief und wenn man mal keine Rollen bekommt, machen sich auch Existenzängste breit. Aber eigentlich sind die auch gut, weil sie einen wachhalten. Wenn ich merke, dass wieder so eine Phase droht, dann melde ich mich zum Beispiel bei den Firmen, die Synchronisation für Filme machen und sage Bescheid, dass ich jetzt wieder mehr Zeit habe. Irgendwas findet sich immer – aber man muss auch dazu sagen, dass ich mittlerweile schon seit 23 Jahren dabei bin.

Da wir gerade beim Thema Steuern sind. Wie pikant ist es für Sie, wenn Sie eine Mail oder einen Anruf von Ihrem Steuerbüro bekommen? Rutscht einem da schon mal das Herz in die Hose oder haben Sie Ihre Zahlen zu jeder Zeit im Überblick?
Ich arbeite ja eng mit der Steuerberatung in Stereo zusammen, die ja auch Buchhaltung machen. Da heißt es dann, wenn ich mal in einem Jahr wegen vielen Jobs in der Synchronisation oder Werbung zu viel verdient habe: „Jetzt musst du ein bisschen was zur Seite packen.“

Wer kümmert sich um Ihre Finanzen?
Für mich war es wirklich ein schwerer und langer Prozess mit meinem Geld umzugehen. Wenn man, wie ich, merkt, dass man da Hilfe braucht, sollte man sich die auf jeden Fall holen. In meinem Fall ist das mein Vater – und es ist gut, dass das in der Familie liegt.

Wie wichtig ist für Sie das Thema Altersversorgung?
Ja…darum sollte man sich kümmern. (lacht) Ich zahle ja in die Rentenkasse ein, aber eigentlich müsste man darüber hinaus ja auch noch was tun. Es wird der Punkt kommen, an dem ich mich auch um das kümmere. Aber dafür muss es einem finanziell so gut gehen, dass man darüber überhaupt nachdenken kann.

Machen Sie Ihre Steuererklärung selbst?
Nein. Das habe ich auch noch nie. Da würde ich nervlich zusammenbrechen. (lacht) Das sind einfach zu viele Zahlen und zu viele verschiedene Arbeitgeber. Ich gebe das alles an Steffi von in Stereo und fühle mich da sehr gut aufgehoben.

Was würden Sie der nächsten Generation von motivierten aber vielleicht auch manchmal verunsicherten jungen Schauspielern raten, auf was sollte man auf keinen Fall verzichten, um nicht verrückt zu werden und was sollte man auf seinem Weg nach oben auf jeden Fall ausblenden um fokussiert zu bleiben?
Behaltet eure Spielfreude, entwickelt einen eignen Geschmack und schaut, dass ihr mit den richtigen Leuten arbeitet! Bildet euch weiter! Und, ganz wichtig: Tiefs gehören dazu – aber durch die muss man durch.

Sie haben bereits Filme mit Bully Herbig und Benno Führmann gedreht. Was fehlt Ihnen noch in Ihrer Vita? Was möchten Sie unbedingt noch erreichen und was sind Sie bereit dafür zu tun?
Das ist das Album als KiNG Mami. Ansonsten habe ich gar keine großen Ziele. Einer meiner großen Träume war es, mal in einem „Ghostbusters“-Film mitzuspielen. Als dann 2016 das Remake mit den vier Frauen gedreht wurde, habe ich gleich bei der zuständigen Synchron-Firma angeklopft und gesagt, dass ich mitsprechen möchte – Slimer, einen Geist oder sonst was. (lacht) Und tatsächlich habe ich eine kleine Sprechrolle bekommen. Da habe ich gemerkt: Jetzt muss ich auch mal innehalten und sagen: „Ich hab’s geschafft!“

Interview: Jan Wehn