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(Foto: Niculai Constantinescu)

»Auch, wenn das am Anfang nicht gleich funktioniert: Weitermachen, weitermachen – und irgendwann kommt die Zeit. «

Die Jugglerz sind aus den Charts aktuell nicht mehr wegzudenken. Mit seinen Dancehall-inspirierten Produktionen gibt das Produktions-Team seit geraumer Zeit den Ton in der Musiklandschaft an – egal ob bei Deutschrap-Größen wie Bausa, mit dem sie den Überhit „Was du Liebe nennst“ produzierten, der KMN Gang, Ufo361, RAF Camora & Bonez MC oder Pop-Hochkaräter wie Lena Meyer-Landrut, Gentleman und Xavier Naidoo. Aber die Jugglerz, bestehend aus Shotta Paul, Meska, Jopez, DJ Cutlass, DJ Smo und Sir Jai sind noch mehr: Als Soundsystem werden Clubs, Festivals und Soundclashs in Schutt und Asche gelegt und auf dem eigenen Label Jugglerz Records vielversprechende Künstler wie Miwata veröffentlicht. Jan Wehn sprach mit

Wie kam es überhaupt zur Gründung der Jugglerz?

DJ Cutlass: Die Jugglerz haben sich im Jahr 2012 als Reggea- und Dancehall-Soundsystem gegründet. Im klassischen Sinne heißt das: Ein DJ legt auf und der MC animiert das Publikum, bestimmte Dinge zu tun.

Meska: Shotta Paul und ich waren vorher schon mit Sentinel Sound international erfolgreich. Wir wurden dann aber über Nacht rausgeschmissen. Vom einen Tag auf den anderen hatten wir keinen Namen mehr und mussten uns quasi neu erfinden. Zum Glück hatten wir über unsere Radioshow schon eine gute Community aufgebaut. In der Show haben wir dann bekannt gegeben, dass wir von jetzt an als Jugglerz weitermachen.

DJ Cutlass: Mit der Gründung der Jugglerz ging dann auch das Signing des ersten Labelkünstlers, Miwata, einher, weshalb zu dem Tagesgeschäft des Auflegens nach und nach dann auch Labelarbeit und erste kleine Releases mit Selections dazukamen. Wir hatten damals ein Radio-Broadcasting-Studio in Stuttgart. In demselben Komplex gab es auch das Stutt i/O-Tonstudio, das vom Tourmanager der Orsons betrieben wurde. Dessen Engineer-Zögling war Jopez. Dadurch, dass man im selben Gebäude saß, hat man sich musikalisch angenähert und Jopez wurde als DJ nicht nur zum fünften Orson, sondern als Produzent auch zum ersten neuen Mitglied im Jugglerz-Kosmos, da weder Paul noch Meska damals produziert haben. Jopez war dann für Produktionen, Aufnahmen, das Mischen und Mastern der erste Ansprechpartner. Anschließend bin 2014 dann ich dazugekommen, nach dem ich ein Praktikum bei den Jungs gemacht habe. Ich habe zum einen immer gerne aufgelegt und wurde der zweite DJ, weshalb sich das gut ergänzt hat, bin aber nach und nach auch in die Labeltätigkeit reingerutscht.

Meska: 2017 kam dann Smo als zweiter MC dazu und im selben Jahr ist auf der Produktionsseite noch Sir Jai dazugekommen, der vorher mit Kool Savas gearbeitet hat.

Euer Team hat sich nach und nach erweitert. Wie kam das und wer ist bei euch für was genau zuständig ist?

DJ Cutlass: Wir haben zum einen das DJ-Team, bestehend aus Meska, Paul, Smo und mir, außerdem das Produktions-Team um Meska, Jopez und Sir Jai und auch das Label-Team, das aus Meska, Sir Jai, Jopez und mir besteht.

Wie sieht ein Studiotag bei den Jugglerz aus?

Meska: Meistens sind es nicht nur Tage, sondern vor allem auch Nächte. (lacht) Es kommt immer darauf an, ob wir in einer Session sind, oder einfach nur Sachen ausarbeiten. Jopez hat ein Studio in Berlin, Sir Jai und ich haben eines in Konstanz. Dort arbeiten wir eben Sachen aus, produzieren Beats oder mischen. In richtigen Sessions sind wir alle drei in Berlin bei Jopez und arbeiten mit einem oder mehreren Künstlern zusammen. Meistens herrscht dann richtige Party-Stimmung: Es gibt Drinks, wir probieren herum und viben, bis etwas entsteht. Manchmal läuft es aber auch ganz anders. Dadurch, dass wir Musik auf unseren Laptops machen, ist unser Studio quasi mobil und wir können im Grunde von überall arbeiten.

Wie lange arbeitet ihr an einem Song?

Meska: Auch das kommt immer darauf an. Pop-Produktionen wie mit Lena Meyer-Landrut sind sehr intensiv und man sitzt schon lange dran, bis jeder Pre-Chorus und jede Strophe stimmt. Man muss dazu sagen, dass wir auch sehr hohe Ansprüche haben: Wir bauen nicht einfach nur einen Beat, machen schnell ein Arrangement und bouncen das Ganze raus, damit es gemischt wird. Unsere Produktionen klingen fett, sind bis ins letzte Detail ausproduziert und haben ein Level. Bei Rap- und Trap-Sachen ist das etwas einfacher. Da geht es schon ein bisschen schneller. Wobei das auch darauf ankommt und vom Artist abhängt. Manchmal geht es schneller, manchmal lässt man Sachen auch mal etwas liegen. Dadurch, dass wir alle Projekte in einer Dropbox ablegen, auf die jeder von uns Zugriff hat, kann man auch ganz entspannt über einen längeren Zeitraum an einem Song arbeiten.

Woher nehmt ihr eure Inspiration?

Meska: Wir versuchen, oft aus dem Alltag zu kommen und reisen viel – nach New York, L.A. oder Jamaica. Wenn man dort etwa auf Ghetto Dances geht, bekommt man Sachen mit, die man hier im Radio nie hören würde. Das sind immer wieder neue Eindrücke, die dann auch den Weg in die Musik finden. Dadurch, dass bei uns drei Leute an den Produktionen arbeiten, die ganz unterschiedlich sind, hat auch jeder von uns seine eigenen Vorlieben und seinen eigenen Style. So inspiriert man sich auch gegenseitig immer wieder.

Wie kommt es zur Zusammenarbeit mit Rappern oder Sängern? Werdet ihr angefragt oder sucht ihr den Kontakt zu den Leuten?

Meska: Sowohl als auch. Seitdem wir Erfolg haben, werden wir von vielen Leuten angefragt. Das ist schon ein Luxus. Aber natürlich suchen wir auch den Kontakt zu den Künstlern, die uns interessieren. Wenn ich als DJ auf Festivals bin und es sind Künstler dort, mit denen ich schon immer mal arbeiten wollte, spreche ich die an. Oder ich verschicke Sachen. Oft überzeugt das die Leute und es kommen Kollaborationen zustande.

Wie kam es denn zu Zusammenarbeiten mit Gentleman oder Xavier Naidoo?

Meska: Gentleman kommt ja auch aus der Reggae-Szene. Sein Management ist selber auch ein Soundsystem, weshalb wir uns von Festivals kennen und zusammen aufgelegt haben. Natürlich habe ich in den letzten Jahren auch immer wieder Beats an Gentleman geschickt. Irgendwann hat es dann mal geklappt und wir haben uns im Studio getroffen. Bei Xavier lief das etwas anders ab. Sir Jai hat damals mit ihm und Kool Savas an dem „Xavas“-Projekt gearbeitet, also Beats dafür produziert und es gemischt. Anfang des Jahres hat Xavier uns dann kontaktiert und nach Beats für sein Album gefragt. Wir haben ihm dann Sachen geschickt, wenig später kamen voll viele Skizzen zurück und er hat uns nach Mannheim eingeladen. Bei unserem Treffen sind dann gleich ganz viele Songs entstanden, woraufhin er meinte: „Lasst uns doch gleich das ganze Album machen.“ Das war natürlich Jackpot.

Wie lange hat es gedauert, bis ihr von der Musik leben konntet?

Meska: Gerade bei Reggae ist es schwierig, von der Musik zu leben. Im HipHop geht das schon eher. Dadurch, dass ich DJ bin, konnte ich von den Gagen für das Auflegen schon einigermaßen leben, habe aber auch ganz normal gejobbt. Ich bin Sporttherapeut und habe neun Jahre lang halbtags in einer orthopädischen Klinik gearbeitet und den Rest der Zeit in Clubs verbracht und dort aufgelegt. Sir Jai ist ausgebildeter Tontechniker und hat – genau wie Jopez – hauptsächlich davon gelebt, Platten für andere Künstler zu mischen. Natürlich haben beide auch produziert, aber hätten davon wohl zu der Zeit nicht leben können.

Wie wird man für einen Song oder die Arbeiten an einem Album entlohnt?

Meska: Das kommt drauf an. Es gibt natürlich klassische Auftragsarbeiten, wo man nur produziert und nicht mitschreibt. Wenn man den Song aber mitschreibt, dann ist man natürlich auch Komponist, wird als solcher in der GEMA geführt und bekommt dafür Tantiemen. Außerdem bekommt man dann eine prozentuale Beteiligung an den Verkäufen und Streams des Songs. Das ist natürlich Verhandlungssache und von Label zu Label unterschiedlich. Manche versuchen, um diese Lizenzzahlungen herumzukommen, weil das ein ziemlicher verwaltungstechnischer Aufwand ist und jedes halbe Jahr ausgerechnet werden muss, wie viel eingenommen wurde bzw. wie viel ausgeschüttet werden muss.

Was passiert eigentlich auf der bürokratischen Seite, nach dem ein Song aufgenommen wurde?

Meska: Im Optimalfall wird der Song bei der GEMA angemeldet – das macht man selber oder eben ein Verlag. Dann schließt man einen Vertrag mit dem Label, für das man den Song produziert hat – oft wird das weggelassen, um Anwaltskosten zu sparen oder weil man die Leute ohnehin kennt und schon öfter zusammengearbeitet hat. Wenn man Lizenzen verhandelt hat, dann gibt es alle sechs Monate eine Abrechnung in der steht, wie oft sich ein Song verkauft hat oder gestreamt wurde und entsprechend der prozentualen Beteiligung wird dann eine Rechnung geschrieben.

DJ Cutlass: Für all diese Sachen gibt es aus gutem Grund Verlage. Deshalb an dieser Stelle auch ein großes Dankeschön an BMG, die da einen guten Job machen!

Wer kümmert sich bei euch überhaupt um eure Finanzen?

Meska: Verantwortlich für das alles ist unser Geschäftsführer Lasse/DJ Cutlass, aber die Jungs von Das Maschine, bei denen wir im Büro sitzen, machen auch ein paar buchhalterische Geschichten. Sonst wären wir schon verloren. (lacht)

DJ Cutlass: (lacht) Das machen wir natürlich selber. Jeder hat ein Interesse an Geld, weshalb wir da schon selber nach schauen, wo wir wie viel Geld ausgegeben haben und wie viel auch reingekommen ist. Durch diese Aufteilung in das Labelgeschäft, das Verlagsgeschäft, die Produktionen und so weiter, müssen wir das ganz genau kontrollieren. Deshalb ist es wichtig, dass man einen fitten Steuerberater hat, der viele dieser Sachen einordnen kann. Insbesondere, wenn es besondere Situationen gibt: Wir kommen ja aus dem Reggae und sind dementsprechend oft in Jamaica. Aber von einem Taxifahrer dort kann man nur schwer eine Quittung für die getätigte Fahrt verlangen, genauso wie den Bewirtungsbeleg von dem Typen, der am Straßenrand in seinem Ölfass Jerk Chicken macht. (lacht) Wir haben auch einen sehr geduldigen Buchhalter, der uns da zusätzlich unter die Arme greift. Durch die verschiedenen Aufgabenbereiche können an einem Tag schon mal die unterschiedlichsten Buchungen getätigt werden, weshalb Buchhalter und Steuerberater wichtige Bindeglieder sind, die immer darauf achten, dass wir auch alle Belege einreichen, Vorsteuer abführen und was halt sonst noch bürokratischen Aufwand bedeutet. 

Wie wichtig ist für euch das Thema Altersvorsorge?

Meska: Ein leidiges Thema. (lacht) Das ist etwas, das immer zu kurz kommt, wenn man selbstständig ist – gerade im Musikbereich, wo man von der Hand in den Mund lebt. Dass man sich als Selbstständiger pro Monat so und so viel Euro zahlt ist meistens nur in der Theorie am Start. Ich habe irgendwann mal eine private Altersvorsorge abgeschlossen, bei der man selber entscheiden konnte, wie viel man einzahlt, weshalb der Betrag gen null tendiert. Bei den anderen ist es, glaube ich, auch so. Wir müssen einfach, bevor wir alt sind, so viel Geld haben, dass es reicht. (lacht)

DJ Cutlass: Ich bin noch superjung, weshalb das für mich aktuell noch kein Thema ist, über das ich aktiv nachdenke. Ich will natürlich im Alter abgesichert sein, aber aktuell kann ich dem ganzen noch gar keinen großen Stellenwert beimessen.

Macht ihr eure Steuererklärungen eigentlich selbst?

DJ Cutlass: Wir machen das noch selbst, wenn auch mit Unterstützung vom Steuerberater. Es ist so eine Kreativindustriekrankheit, dass man dazu neigt, sich in ganz verschiedene Projekte einzuklinken und auf einmal mit drei verschiedenen Firmen selbstständig ist, weshalb das alles schwer auseinanderzuhalten und mit entsprechend viel bürokratischem Aufwand verbunden ist – da kann man schon mal den Überblick verlieren, weshalb ist gut ist, da Hilfe zu haben.

Sehnt ihr euch manchmal trotz allem nach einem klassischem 9-to-5-Job?

Meska: Ich hatte ja schon einen 9-to-5-Job, aber bin froh, dass ich es nicht mehr machen muss. Es ist natürlich nice Sicherheit zu haben und zu wissen, dass man am Ende des Monats diesen oder jenen Betrag auf dem Konto, keine Sorgen und einen geregelten Feierabend hat. Aber das muss man auch wollen. Ich kenne auch Leute, für die ein 9-to-5 perfekt ist, weil sie in erster Linie Sicherheit wollen. Aber ich kann ohnehin schwer abschalten und will selber entscheiden, wann ich wie viel für mich selber arbeite.

DJ Cutlass: Natürlich gibt es Momente, in denen man in diesem lockeren Arbeitsverhältnis wie wir es haben, neun Stunden am Stück ohne etwas zu Essen auf seinen Bildschirm gestarrt und nebenbei noch telefoniert hat und der menschliche Aspekt deutlich zu kurz gekommen ist. Da wünscht man sich schon einen 9-to-5-Job. Oft arbeitet man ja als Produzent auch nachts und hat nicht den Tagesrhythmus der meisten anderen Menschen. Wenn man dann um 6 Uhr morgens verballert aus dem Studio kommt und es schon hell wird geht das schon an die Substanz. Aber am Ende kann man da gut drüber hinwegsehen, weil man sein Hobby zum Beruf gemacht hat und das dafür gerne in Kauf nimmt. Der Job ist einfach so aufregend, abwechslungsreich und wird nie langweilig, dass man aktuell noch nicht über einen klassischen Job nachdenkt.

Habt ihr einen Ratschlag für angehende Produzenten?

Meska: Lasst euch nicht verarschen! Wenn man noch jung ist und sich keinen Namen gemacht hat, wird man schnell ausgenutzt. Dann bekommt man schon mal kein Geld oder wird nicht in die GEMA eingetragen und es heißt, dass man froh sein kann, überhaupt mit diesem oder jenem Künstler zu arbeiten. Da muss man einen Mittelweg finden. Wenn man keinerlei Referenzen hat, muss man seine Chancen auch wahrnehmen und darf nicht mit lächerlichen Forderungen kommen. Auch ganz wichtig: Teilen! Niemals gierig und egoistisch sein. Man kann auch Zusammenarbeiten und sich gegenseitig supporten und zum Beispiel GEMA-Shares teilen. Das sieht man ja auch an uns und The Cratez oder Lucry, mit denen wir viel zusammengearbeitet haben. Eine Hand wäscht die andere und es kommt immer in irgendeiner Weise zurück. Ansonsten: Sich selbst treu bleiben, an seinen Skills arbeiten und versuchen, seinen eigenen Style zu fahren und nicht das versuchen, was eh schon alle machen. Auch, wenn das am Anfang nicht gleich funktioniert: Weitermachen, weitermachen – und irgendwann kommt die Zeit.

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https://www.instagram.com/jugglerz/

Interview: Jan Wehn