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Lu Possehl: „Kunst ist ein Lebensmittel.“

Seit über 20 Jahren ist die Malerin und Bildhauerin Lu Possehl aus [...]

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LU POSSEHL

Lu Possehl: „Kunst ist ein Lebensmittel.“

Seit über 20 Jahren ist die Malerin und Bildhauerin Lu Possehl aus der Düsseldorfer Kunstszene nicht mehr weg zu denken. Neben Ausstellungen in Mexiko, Brasilien, Tunesien, Frankreich und den Niederlanden, im Kunstpalast und im Landesmuseum verhalf sie mit der von ihr gegründeten Künstlergruppe „700+6“ im Jahr 1988 der Rheinbahn zur ersten bunt bemalten Bahn – und das völlig legal. Die Künstlerin absolvierte ihr Studium der freien Kunst an der renommierten Kunstakademie Düsseldorf und spezialisierte sich in der Folgezeit auf das Thema „Annäherung“. Ein Thema, das auch medienvorsorge.de zwischen den Künstlern und dem Steuerrecht versucht. Daher besuchte medienvorsorge.de die Künstlerin in ihrem Düsseldorfer Atelier am Rande der Altstadt, wo der Flair des Marktplatzes mit seinen Verkaufsständen und den flanierenden Menschen die Themenkreise ihrer künstlerischen Arbeit wiedergeben.

medienvorsorge.de: Wie kamen Sie auf das Thema „Annäherung“ und wer oder was nähert sich bei Ihnen an?
Possehl: Entstanden ist mein Thema im Jahr 1988 mit einer Plastik, die stilisiert das männliche und weibliche Prinzip zeigt. Seitdem verfolge ich die Darstellung von Gegensätzen, die sich annähern lokal als auch global. So habe ich mich mein Künstlerleben lang mit Kulturen anderer Länder beschäftigt, besonders mit der mittel- und südamerikanischen sowie der afrikanischen. Unter anderem eröffnete ich im Jahr 1994 mit dem Kunstkatalog „Eine neue Identität“ eine Einzelausstellung im Museo del Chopo in Mexiko-City. Die Einladung erfolgte durch das Goethe Institut zu den dortigen deutschen Kulturtagen und ich hatte die Möglichkeit an der größten Universität Mexikos zu lehren. Die Farbenfreudigkeit der dortigen Kunst und ihre Geschichte hat meine europäische Arbeitsweise sehr befruchtet.

Wie unsere Umfrage unter den deutschen Finanzämtern ergab, wird in einer Vielzahl von Behörden Kunst ausgestellt. Grundsätzlich also auch erstmal ein totaler Gegensatz – Kultur und Behörde. Einige Vorsteher outeten sich allerdings als große Kunstfans, die sich für Künstler einsetzen und auch bei der Auswahl von Kunstwerken beteiligt sind. Hatten Sie Berührungspunkte in diese Richtung?
Ja, vor dem Finanzamt Nauen steht eine Plastik von mir aus dem Bereich „Annäherung“, die den Namen „Die Zusammenveranlagten“ trägt. Sie zeigt abstrahiert 2 Torsi, die einander zugewandt sind. In meinem Fall wurde diese allerdings nicht auf Initiative von Finanzbeamten ausgestellt, sondern der Bauherr errichtete sie aufgrund der Vorschrift „Kunst am Bau“, die ihn verpflichtet, bei öffentlichen Gebäuden einen gewissen Teil der Bausumme für Kunst auszugeben. Eine gute Regelung, wie ich finde.

Wo wir auch schon beim Thema Geld und Sponsoring wären. Viele Unternehmen unterstützen Künstler und Kunstaktionen, sei es um ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung nach zu kommen, sei es, um markentingtechnisch hierüber berichten zu können oder aber um die Unternehmenskultur zu entwickeln. Wurden auch Sie schon von Unternehmen unterstützt?
Zum Teil ist man in der bildenden Kunst auf Unternehmen als Sponsoren angewiesen. Beispielsweise wurde ich von der Firma Thyssen-Krupp-Stahl bei meinem „Stahlschiff-Stahlkunst“ Projekt auf einem 365 m langen Erzfrachter unterstützt. Zum 500-jährigen Entdeckungsjahr waren damals aus brasilianischem Erz entstandene Stahlskulpturen an den Ort ihres Ursprungs zurückgekehrt. Ohne den Zuschuss des Unternehmens wäre eine solche Aktion damals nicht möglich gewesen.

Gerade in finanziellen Fragen sind Künstler häufig überfordert. Gibt es ein Netzwerk, einen Zusammenschluss, wo man sich mit Kollegen auch mal über so etwas wie „Steuern“ unterhalten kann?
Unter uns Künstlern wird das Thema Geld und Steuern höchst selten angesprochen und meist gemieden. Das ist nicht so ganz unsere Welt. Allerdings haben wir in Ratingen eine KünstlerLOGE gegründet, in der ausgestellt wird, die aber auch Platz für Gespräche und Diskussionen unter Künstlern bietet. Vielleicht fällt da auch manchmal das ein oder andere Wort über Steuern und die Erfahrungen Einzelner. Wir werden einen Verein gründen, um öffentliche Gelder beantragen zu können, um diesen interessanten Raum (eine alte Pförtnerloge) zu erhalten.

Sind Sie als bildende Künstlerin eigentlich Mitglied in einer Künstlersozialkasse?
Ja, direkt nach Aufnahme meines künstlerischen Berufslebens bin ich Mitglied geworden und empfinde sie auf Grund meiner persönlichen Erfahrungen als unverzichtbar und beobachte mit Widerwillen die stets wiederkehrenden Diskussionen über ihre Abschaffung.

Bei der Künstlersozialkasse müssen bis zum 01.12. die voraussichtlichen Gewinnzahlen des Folgejahres gemeldet werden. Ist dies im Bereich der bildenden Kunst nicht wahnsinnig schwierig?
Oh ja, die Frage stelle ich mir auch jedes Jahr. So ist es bei uns nicht einzuschätzen, wie viele der Werke bzw. ob überhaupt welche im Folgejahr verkauft werden. So musste ich in der Vergangenheit öfters schon meine Einschätzung während des Jahres korrigieren. Das ist aber ja zum Glück für die Folgezeit möglich.

Interview: Reinhard Knauft

Informationen über Lu Possehl auf www.art-lu.de