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(Foto: Peter Kronenberger)

»Nur Mut!«

Sich selbst nennt er den »Hirnschrittmacher des deutschen Kabaretts« – und das trifft es auf den Punkt. Ob auf der Bühne, in seinen Büchern oder im Fernsehen – HG Butzko schaut ganz genau hin und analysiert messerscharf, bitterböse und pointiert, wo mit Intelligenz gegeizt wird. Und zwar hauptberuflich. Ein Interview über seine Anfänge in Gelsenkirchen, das Entwickeln neuer Programme und die Frage, ob man Preisgelder versteuern muss – oder nicht.

Wann hast du das erste Mal gemerkt, dass du zum Kabarettisten taugst?
Taugen? Das ist eine interessante Frage. Ich würde sagen, ob etwas taugt, das entscheidet ja immer der Kunde. Oder im Falle eines Kabarettisten, das Publikum. Und bei mir war das so, dass ich schon beim ersten Auftritt durch die Reaktionen eine Ahnung davon bekam, dass das, was ich mache, wohl etwas taugen könnte. Und mit jedem einzelnen Auftritt wurde dieser Eindruck immer stärker. Aber 100% sicher bin ich mir bis heute eigentlich immer noch nicht. Und ich mach das jetzt seit über 20 Jahren. Was ich aber auch gut so finde. Ich glaube, man muss sich immer eine Restunsicherheit bewahren, um wach und kreativ zu bleiben.

Was macht man mit diesem Talent in Gelsenkirchen dann?
Ja nee, in Gelsenkirchen habe ich ja erst mal nur meine Liebe zu Kabarett entdeckt.
Das war während meiner Schulzeit in den 80er Jahren. Als Dieter Hildebrand noch mit dem Scheibenwischer auf Sendung war, und Hanns Dieter Hüsch am 1. Mai in Recklinghausen auftrat, wo er eine kostenlose Kostprobe seines Programms gab, und ich vom ersten Moment an richtig gepackt war. Dann hab‘ ich noch ein paar Programme der Münchener Lach & Schießgesellschaft gesehen, im Fernsehen und live, und fertig war der Kabarettfan. Dass ich das selber machen möchte, kam aber erst viel später.

Du bist erstmal zum Theater gegangen. Was hast du dort gemacht?
Genau. Ich hab‘ ja erst mal als Schauspieler am Theater gearbeitet, von 1989 bis 1991 in Hof, dann bin ich 1991 nach Würzburg ans Theater gegangen. Und dort habe ich dann auch zusätzlich noch angefangen, als Regisseur und Autor zu arbeiten. Und plötzlich, im Jahr 1997, hatte ich eine Auftragsflaute und musste mir notgedrungen was einfallen lassen, um Geld zu verdienen. Und da brauchte es keine 5 Sekunden, um mich daran zu erinnern, dass ich ein Herz fürs Kabarett habe. Also habe ich mich hingesetzt, ein Programm geschrieben, mir eine Bühne gesucht, ein paar Auftrittstermine vereinbart. Und das alles in der Annahme, nach diesen Auftritten aber wieder als Schauspieler und Regisseur zu arbeiten. Wozu es dann aber nie wieder kam.

Wie kommen dir Ideen für deine Programme?
Och, man schnappt halt ständig hier und da was auf. Und wenn da irgendetwas dabei ist, das mich fesselt und neugierig macht, dann bleib ich dran, und entwickel‘ daraus etwas. Das ist aber auch für mich selber jedes Mal ein Mysterium. Und es kommt auch immer wieder vor, dass ich mich selber überrasche, warum ich nun dieses oder jenes auf diese oder jene Art und Weise bearbeitet habe. Und das sind die schönsten Momente. Wenn ich etwas entwickle und hinterher denke: Boah, was ist mir denn da jetzt wieder eingefallen?

Worüber darf man Witze machen?
Über alles, worüber ich selber lachen kann. Die einzige Grenze ist die, die ich mir selber setze. Und die ist da, wo ich selber mich verletzt fühlen würde, wenn ich mich in die Rolle eines anderen reinversetze. Das heißt für mich z B, Minderheiten kriegen schon so viel ab, da muss ich nicht auch noch drauf kloppen. Aber alle, die Macht haben, egal in welcher Form, ob politische Macht, wirtschaftliche oder religiöse, die kriegen‘s ab. Ich sag immer, Kabarett ist immer Opposition.

Wie lange arbeitest du an einem neuen Programm?
Permanent. Kaum ist ein Programm draußen, fang ich an, fürs nächste zu arbeiten. Und auch das laufende muss ja ständig aktualisiert werden, weil sich permanent neue Entwicklungen ergeben. Es ist also ein ununterbrochener Prozess.

Testest du die Reaktionen auf neue Ideen an irgendwem?
Ja, es gibt für jedes neue Programm erstmal so circa 20 Vorpremieren. Das heißt, die werden als solche angekündigt, und dann wissen die Leute, die kommen, dass sie noch kein geschliffenes Programm erwarten dürfen, sondern eher die Rohfassung. Was aber auch immer einen ganz eigenen Reiz hat, und es auch Leute gibt, die gezielt nur sowas von mir sehen wollen.

Du wurdest – vom deutschen Kleinkunstpreis bis zum Förderpreis des deutschen Kabarettpreises – schon oft ausgezeichnet. Muss man das Preisgeld eigentlich versteuern?
(lacht) Oh, da hab‘ ich aber meine Hausaufgaben gemacht. Also: Wenn der Preis an eine Leistung gekoppelt ist, also z B der Gewinn eines Wettbewerbs, dann schon, Bekommt man aber einen Preis, weil zum Beispiel eine Jury sagt: »Seit vielen Jahren schon ist Künstlerin XY für uns was ganz Besonderes, und dafür gibt es jetzt diesen oder jenen Preis«, dann nicht.

Apropos Geld: Konntest du zu Beginn deiner Kabarettkarriere gleich davon leben?
Absolut. Was aber daran lag, dass meine Ausgaben anfangs entsprechend gering waren. Man wächst sozusagen mit den Einnahmen.

Du stehst nicht auf der Bühne, sondern trittst auch im Fernsehen auf, schreibst Bücher und Kolumnen und machst Radio. Wie bringt man all das in einem halbwegs regelmäßigen Tagesablauf unter und schafft es, auch finanziell auf lange Sicht davon zu leben?
Och, das ist vom Tagesablauf kein Problem. Ich schreibe grundsätzlich alles, was ich schreibe nur auf Tournee im Zug. Da hab‘ ich Zeit und sowieso nichts Besseres zu tun. Und das hat bislang immer gereicht. Und ob ein Auftritt dann auf einer Bühne, oder im Fernsehen oder im Radio stattfindet, ist dann auch nicht wirklich ein großer Unterschied. Nur, um auf lange Sicht finanziell davon leben zu können, sind das wichtigste davon die Bühnenauftritte. Alles andere, wie Fernsehen, Radio, Bücher, Kolumnen uns so weiter – das alles ist eher Werbung. Weil, je mehr man davon macht, umso bekannter wird man dadurch, und umso mehr Leute kommen zu den Bühnenprogrammen. Und das schönste: Im Gegensatz zu einem Unternehmen, das für Werbung Geld ausgeben muss, bekommt man als Künstler für Werbung auch noch Geld. Und von allem in allem kann man aber locker auf lange Sicht finanziell von leben.

Sehnst du dich manchmal auch nach einem klassischem 9-to-5-Job?
Würde ich bei eingehen und verkümmern. 

Wer kümmert sich überhaupt um deine Finanzen?
Ich.

Wie wichtig ist für dich das Thema Altersversorge?
Sehr wichtig. Aber nicht zu sehr. Also ich achte schon drauf, dass ich immer auch was wegleg‘ für später. Und vor allem die Künstlersozialkasse nicht bescheiße. Gaaanz wichtig. (lacht) Aber ich sehe mich nicht mit 67 die Hände in den Schoß legen und in den Ruhestand treten. Vorausgesetzt mein Hirn funktioniert und entwickelt Ideen, und solange mein Körper fit bleibt und ich Spaß an der Arbeit habe, werde ich arbeiten.   

Machen du deine Steuererklärung eigentlich selbst? 
Nein, das überlasse ich Experten.


Hast du einen Ratschlag für angehende Kabarettisten und Comedians?
Nur Mut! 

Interview: Jan Wehn