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Was ist eine Umsatzsteuernachschau

Nach dem letzten „Tatort“ wurde sicherlich dem ein oder anderen Zuschauer angst und bange. Und das nicht wegen eines grauenvollen Mordes, sondern der Vorstellung, dass plötzlich ein Finanzbeamter vor der privaten Tür steht und um Vorlage der Steuerakten bittet. So geschehen beim Gerichtsmediziner Prof. Boerne im Münsteraner Tatort. Spät abends wartete da die attraktive Steuerprüferin vor der Tür und stellte neugierige Fragen: Ist das Ihr Arbeitszimmer? Haben Sie das in Ihrer Steuererklärung vergessen? Umgehend trafen E-Mails von Mandanten ein, ob das so rechtens sei und ob sie ein ähnliches Schicksal ereilen könnte. 

In der Regel nicht! Denn im Falle einer Betriebsprüfung kündigt sich das Finanzamt zuvor im Rahmen einer schriftlichen Prüfungsankündigung an und teilt den Termin und den Namen des Prüfers mit. Weiterhin ist eine Steuerprüfung nur bei selbständig Tätigen bzw. bei Einkommensmillionären vorgesehen. Steht das Finanzamt unangekündigt vor der Tür, müsste schon ein Anfangsverdacht auf eine Steuerhinterziehung vorliegen und somit die Steuerfahndung anklingeln. 

Anders sieht es allerdings bei der so genannten Umsatzsteuer-Nachschau aus, die auch im TV-Krimi als Grund des Besuches angeführt wurde. Die Umsatzsteuer-Nachschau ist keine Außenprüfung im Sinne der Abgabenordnung. Sie ist ein besonderes Verfahren zur zeitnahen Aufklärung umsatzsteuererheblicher Sachverhalte. Diese Vorschrift berechtigt das Finanzamt, ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Räume während der Geschäftszeit – bei dringender Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sogar Wohnungen – zu betreten. Aufgrund des hohen verfassungsrechtlichen Schutzes der Unverletzlichkeit der Wohnung ist eine Nachschau im Privatbereich allerdings nur in Ausnahmefällen möglich.  

Eine Umsatzsteuer-Nachschau wird insbesondere in folgenden Fällen durchgeführt:

  • Existenzprüfungen bei neu gegründeten Unternehmen
  • Entscheidung über hohe Vorsteuererstattungen
  • Auskunftsersuche anderer Finanzämter zum Vorsteuerabzug

Hintergrund dieser im Rahmen des Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetzes eingeführten Regelung ist das Ziel des Gesetzgebers, die Steuerausfälle in Milliardenhöhe, die durch Karussellgeschäfte verursacht werden, einzudämmen. Hierunter versteht man eine in der EU verbreitete Form des Steuerbetrugs. Dabei wirken mehrere Scheinunternehmen zusammen, wobei einer der Händler der Lieferkette die von seinen Abnehmern gezahlte Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt abführt und meist sodann auch untertaucht. Die Abnehmer hingegen machen den Vorsteuerabzug geltend und bekommen diese vom Finanzamt ausgezahlt.

Wie hat man sich im Falle einer Umsatzsteuer-Nachschau zu verhalten?

Da die Nachschau nicht angekündigt wird, kann sich der Steuerpflichtige bzw. sein Steuerberater nicht auf das Erscheinen des Finanzbeamten einstellen. Dem Mandanten ist es allerdings anzuraten, nach dem Erscheinen umgehenden Kontakt mit dem Steuerberater aufzunehmen, damit dieser die ordnungsgemäße Durchführung der Nachschau begleiten kann. Grundsätzlich ist anzuraten, sich kooperativ zu verhalten. Es ist davon abzuraten, den Zutritt zu den Geschäftsräumen zu verwähren, da dem Prüfer die Möglichkeit verbleibt, sein behördliches Ermessen zu ungunsten des Steuerpflichtigen auszuüben. So stellt die Aufforderung zur Duldung der Umsatzsteuer-Nachschau einen Verwaltungsakt dar, welcher mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden kann. Auch steht dem Nachschaubeamten bei mangelnder Mitwirkung des Steuerpflichtigen die Möglichkeit offen, gem. § 27 Abs. 3 UStG zu einer Außenprüfung überzugehen. 

Vor Beginn der Nachschau sollte der Unternehmer verlangen, dass sich der Amtsträger ordnungsgemäß ausweist. So versuchten kürzlich in Köln „falsche Finanzbeamte“ unter dem Vorwand einer Steuerprüfung sich Zugang zu privaten Wohnungen zu verschaffen. Weiterhin sollte dokumentiert werden, in wessen Auftrag und auf welcher Grundlage die Nachschau erfolgt. 

Bei wem ist eine Umsatzsteuer-Nachschau möglich?

Wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt und somit als Unternehmer i.S. des Umsatzsteuergesetzes angesehen wird, fällt in den Anwendungsbereich der Umsatzsteuer-Nachschau. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll sich das Finanzamt mit der Nachschau lediglich ein Bild von den tatsächlichen betrieblichen Verhältnissen eines Unternehmers verschaffen. Vertiefende Ermittlungen bzw. eingehende rechtliche Bewertungen sind weiterhin der Außenprüfung vorbehalten, zu der allerdings nahtlos übergegangen werden kann. Der Nachschauumfang ist auf umsatzsteuerliche Sachverhalte beschränkt. Und nach internen Verlautbarungen der Landesfinanzbehörden gilt dies auch in Hinblick auf die Außenprüfung, sofern in eine solche übergangen wird. 

Die Fragen der Finanzbeamtin an Prof. Boerne waren insoweit durch diese Vorschrift nicht gedeckt. Wie zu erfahren war, erkundigten sich die Macher vom Tatort vorab beim Finanzministerium über die realistischen Abläufe von Steuerprüfungen. Die Realität war für den Fall dann aber wohl doch zu langweilig…